Menschen mit Multipler Sklerose (MS) leiden häufig unter einer tiefgreifenden Erschöpfung, der sogenannten Fatigue. Neben neurologischen und hormonellen Ursachen rückt zunehmend ein weiterer Faktor in den Fokus der Forschung: die Darmflora – und mit ihr die kurzkettigen Fettsäuren (SCFAs), die von Darmbakterien gebildet werden.
Diese kleinen Moleküle haben erstaunlich große Wirkungen auf Gehirn, Immunsystem, HPA-Achse und Energiehaushalt.
Kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat, Propionat und Acetat entstehen, wenn Darmbakterien Ballaststoffe fermentieren.
Sie dienen nicht nur als Energiequelle für die Darmzellen, sondern wirken als Botenstoffe zwischen Darm, Immunsystem und Gehirn.
Damit bilden SCFAs eine entscheidende Schnittstelle zwischen Ernährung, Immunsystem und Nervensystem – und genau hier liegt ihre Bedeutung für Fatigue und die HPA-Achse.
Die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA-Achse) steuert die Stressantwort des Körpers.
Ein gestörtes Mikrobiom – etwa durch Antibiotika, unzureichende Ballaststoffzufuhr oder chronischen Stress – kann zu niedrigeren SCFA-Spiegeln führen. Studien zeigen:
Eine stabile SCFA-Produktion hilft, den circadianen Cortisolrhythmus zu stabilisieren.
Kurz gesagt: SCFAs wirken wie ein Puffer im Stresssystem – sie helfen, die Stressachse flexibel und widerstandsfähig zu halten.
Unter den SCFAs hat Propionsäure (Propionat) eine besonders starke Verbindung zur Multiplen Sklerose.
Mehrere Studien der Universität Bochum (u. a. Duscha et al., Cell Reports 2020) konnten zeigen:
Diese immunregulatorische Wirkung erklärt, warum Propionat derzeit als ergänzende Therapieoption bei MS diskutiert wird – insbesondere im Kontext von Fatigue, Entzündung und Darm-Hirn-Achse.
Butyrat und Propionat liefern Energie – nicht nur lokal im Darm, sondern auch systemisch:
Da Fatigue bei MS häufig mit Mitochondriendysfunktionen verbunden ist, können SCFAs hier einen stabilisierenden Effekt haben.
SCFAs, insbesondere Butyrat und Propionat, wirken antientzündlich:
Somit wirken SCFAs gleich auf mehreren Ebenen – im Darm, im Immunsystem und im zentralen Nervensystem.
SCFAs kommunizieren mit dem Gehirn über:
Propionat und Butyrat können vagale Afferenzen aktivieren, was beruhigend auf das Nervensystem wirkt und die Parasympathikusaktivität fördert. So entsteht eine wechselseitige Regulation zwischen Darmmikrobiota und HPA-Achse – ein Schlüsselmechanismus für Resilienz und Erholung bei MS-Fatigue.
SUPPLEMENTE
Therapeutisch kann es sinnvoll sein, zunächst das Mikrobiom zu stabilisieren, bevor gezielte SCFA-Gaben erfolgen.
Kurzkettige Fettsäuren – vor allem Butyrat und Propionat – sind entscheidende Regulatoren der Darm-Hirn-Achse. Sie unterstützen die Stressregulation über die HPA-Achse, wirken entzündungshemmend, fördern Toleranz im Immunsystem und stabilisieren die Energieproduktion in den Mitochondrien.
Für Menschen mit MS-Fatigue bedeutet das:
Eine ballaststoffreiche, mikrobiomfreundliche Ernährung und ggf. propionsäurebasierte Begleittherapie können den Weg zu mehr Energie, Stabilität und Lebensqualität unterstützen.
Hinweis:
Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Änderungen in Ernährung oder Supplementierung sollten therapeutisch begleitet werden – insbesondere bei bestehender MS-Therapie.